Sprachentwicklung: Wie viele Wörter spricht dein Kind?

Sprachentwicklung von Kindern
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Die Sprachentwicklung ist ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung eines Kindes. Sie beginnt bereits im Mutterleib und setzt sich in den ersten Lebensjahren fort. Wir geben Tipps, wie du die Sprachentwicklung deines Kindes im Alltag fördern kannst.

Die wichtigsten Faktoren für die Sprachentwicklung

Die ersten Wörter sind für Eltern ein besonderer Moment und zugleich ein wichtiger Meilenstein in der Sprachentwicklung. Diese wird von einer Reihe von Faktoren beeinflusst, darunter genetische und gesundheitliche Einflüsse, sowie die Umwelt des Kindes.

Auch die Frequenz an Interaktionen und das Angebot an Möglichkeiten zum Spracherwerb sind ausschlaggebend. So entwickeln Kinder, die viel Interaktion und ein reges Sprachangebot erfahren, ihre Sprachfähigkeiten schneller und besser als Kinder, die im Alltag weniger Sprache erleben und praktizieren. Dies liegt daran, dass Kinder insbesondere durch die Wiederholung von Wörtern und Sätzen lernen, wie Sprache funktioniert. Kinder, die mit ihren Bezugspersonen viel sprechen, spielen oder auch gemeinsam lesen und singen, lernen, wie die Sprache verwendet wird, um zu kommunizieren und zu interagieren.

Mit diesem grundlegenden Wissen kannst auch du die Sprachentwicklung deines Kindes gezielt fördern. Nachfolgend führen wir konkrete Tipps auf, wie sich die Sprachförderung deines Kindes ideal in den Alltag integrieren lässt.

Tipps zur Sprachförderung im Alltag

Sprache ist ein fester Bestandteil unseres Lebens – etwas, das uns ständig umgibt. Die Sprachförderung deines Kindes kann deshalb in unterschiedlichsten Alltagssituationen erfolgen:

  • Sprich mit deinem Kind, während ihr gemeinsam Tätigkeiten ausführt, wie zum Beispiel Essen, Zähne putzen oder Anziehen.
  • Lies deinem Kind regelmäßig vor – auch wenn es noch nicht sprechen kann. Auch Reime eignen sich super zur Sprachförderung.
  • Lass dein Kind bei den Hausarbeiten mithelfen. Schon die Kleinsten können einfache Aufgaben übernehmen oder schlichtweg beim Kochen zuschauen. Dies ist eine gute Möglichkeit, Kindern neue Wörter und Begriffe beizubringen.
  • Geh mit deinem Kind gemeinsam Einkaufen oder hinaus in die Natur. Dort finden sich vielfältige Inspirationen für neue Dinge und Begriffe. Beschreibe ihm, was es dabei sehen, hören, riechen und fühlen kann.
  • Singt gemeinsam Lieder. Solange dein Kind noch nicht mitsingen kann, singe ihm vor. Dein Kind wird sich an bekannte Melodien und Liedtexte erinnern.
  • Lass dein Kind sprechen. Frag es nach seiner Meinung oder was es gerne macht. Gib ihm Gelegenheit, seine Gedanken und Gefühle auszudrücken.
  • Biete deinem Kind Möglichkeiten für Spiele mit Sprache. Dazu eignen sich Rollen- und Wörterspiele, wie zum Beispiel “Ich sehe was, was du nicht siehst” oder “Ich packe meinen Koffer”.
  • Fall dein Kind sprachliche Fehler macht, korrigiere es indirekt. Fordere es nicht zum Nachsprechen auf, sondern gehe auf das Gesagte ein und sprich seinen Satz einfach korrekt nach. Zum Beispiel sagt das Kind “Nane haben!” – Du antwortest: “Das ist eine Banane. Möchtest du sie haben?”
Kindliche Sprachentwicklung
© watman / Depositphotos – Sprachentwicklung: Kinder lernen durch Wiederholungen

Wie viele Wörter sollte mein Kind sprechen?

Der Übergang vom babyhaften Brabbeln und Silbenlauten wie (“wau-wau”, “da-da”) bis hin zum ersten verständlichen Wort ist oft fließend. Im Durchschnitt beginnen Kinder mit etwa 12 Monaten zu sprechen. Natürlich verhält sich das von Kind zu Kind individuell und die Bandbreite ist groß. Manche sprechen schon früher, andere lassen sich damit etwas länger Zeit. Anfangs sind es (neben “Mama” und “Papa”) eher kurze, einprägsame Begriffe, wie “Ball”, “Bär” oder “Auto”. Diese Begriffe zählen bei vielen Kleinkindern zu den ersten Wörtern. Im zweiten Lebensjahr wird das Kind sein Grundrepertoire an Wörtern stetig erweitern.

Im Alter von etwa eineinhalb bis 2 Jahren bzw. ab einem aktiven Wortschatz von ca. 50 Wörtern beginnt das Kind, Wörter miteinander zu kombinieren. Es entstehen erste, kurze Zweiwortsätze, wie “Bär müde” oder “Leon spielen”. Mit 2 Jahren umfasst der Wortschatz bei manchen Kindern bereits bis zu 250 Wörter, darunter meist auch der eigene Vorname. Als unterer Richtwert sollte ein Kind mit 2 Jahren jedoch über mindestens 50 Wörter in seinem aktiven Wortschatz verfügen. Im 3. Lebensjahr werden Dreiwortsätze formuliert. Die Anzahl, wie viele Wörter ein Kind spricht, variiert. Doch gibt es mittlere und untere Richtwerte für die verschiedenen Altersstufen.

Sprachentwicklung: Wortschatz nach Alter

Die Logopädin Patricia Pomnitz, deren Buch Kinder spielerisch fördern wir vor einiger Zeit vorgestellt hatten (es enthält mitunter Spiele zur gezielten Sprachförderung), fasst die Durchschnittswerte nach Altersgruppen zusammen. Demnach können rund 50 Prozent aller Kinder im genannten Alter eine gewisse Anzahl an Wörtern sprechen.

  • 12 Monate: 5 Wörter (unterer Grenzwert: ein Wort)*
  • 18 Monate: 50 Wörter (unterer Grenzwert: 10 Wörter)*
  • 24 Monate: 250 Wörter (unterer Grenzwert: 50 Wörter)*
  • 36 Monate: 500 oder mehr Wörter (unterer Grenzwert: 250 Wörter)*

*) Quelle: Meilensteine im Wortschatz: Wie viele Wörter sollte mein Kind sprechen? | sprachgold.de

Late Talker – wenn das Kind nicht spricht

Orientierungswerte, wie die vorgenannten, sollen keineswegs dazu dienen, Kinder in ein Raster zu pressen. Sie sollen Eltern vielmehr eine Hilfestellung geben, wann eine gezielte Förderung der Sprachentwicklung notwendig wird. Grundsätzlich ist die Sprachförderung für alle Kinder wichtig. Sie rückt jedoch besonders in den Fokus, wenn das Kind unter dem Grenzwert liegt. In diesem Zusammenhang spricht man auch von den “Late Talkers” –  Kinder die später mit dem Sprechen beginnen als der Durchschnitt.

Laut dem Deutschen Bundesverband für Logopädie sind 15 bis 20 Prozent aller Zweijährigen Late Talker. Andere Quellen sprechen sogar von bis zu 35 Prozent. Es bedeutet konkret, dass der aktive Sprachschatz unter dem Grenzwert von 50 Wörtern liegt. Die Ursachen für die verzögerte Sprachentwicklung sind vielfältig, lassen sich jedoch in vielen Fällen durch eine entsprechende Förderung bewerkstelligen. Etwa ein Drittel der betroffenen Kinder holt die Defizite in der Sprachentwicklung bis zum Alter von 3 Jahren wieder auf. Bei den verbleibenden zwei Dritteln zeigen sich weiterhin Auffälligkkeiten in der Sprachentwicklung.

Früherkennung von Sprachentwicklungsstörungen

Sprachentwicklungsstörungen (SES) gehören somit zu den häufigsten Entwicklungsstörungen im Kindesalter. Die Ursachen sind vielfältig und es gilt, diesen frühzeitig auf den Grund zu gehen. Neben genetischen und Umweltfaktoren können auch gesundheitliche Faktoren wie Sprech-, Hör- oder Entwicklungsstörungen, sowie Erkrankungen auf die Sprachentwicklung eines Kindes Einfluss nehmen. Bleibt eine Störung in der kindlichen Sprachentwicklung unberücksichtigt, kann diese später zu Problemen in der Schule, im sozialen Umfeld und im Erwachsenenleben führen.

Falls du dir Sorgen um die Sprachentwicklung deines Kindes machst, solltest du dich an den Kinderarzt wenden. Er kann die Ursache feststellen und ggf. eine logopädische Therapie anordnen. Auch die pädiatrischen Vorsorgeuntersuchungen legen ein Augenmerk auf die sprachliche Entwicklung und die Früherkennung eventueller Sprachentwicklungsstörungen.

Fazit

Die Sprachentwicklung ist ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung im Leben eines Kindes. Eltern können den Spracherwerb ihres Kindes im Alltag mit einfachen Mitteln fördern, indem sie eine sprachfördernde Umgebung schaffen und ihrem Kind Anreize und Gelegenheiten zum Sprechen geben. Sprachentwicklungsstörungen zählen zu den häufigsten Entwicklungsstörungen im Kindesalter. Aufklärung und Früherkennung sind daher ein wichtiges Thema. Bereits für Kleinkinder gibt es entsprechende Angebote im Bereich der Logopädie und Sprachheilpädagogik.

Am 20.Oktober 2023 ist Internationaler Tag der Sprachentwicklungsstörungen (SES).

Sprachentwicklung von Kindern
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4 Kommentare zu “Sprachentwicklung: Wie viele Wörter spricht dein Kind?”

  1. Die Informationen, die du über die Sprachentwicklung bei Kindern bereitstellst, sind wirklich aufschlussreich! Ein Logopäde würde sicherlich betonen, wie wichtig es ist, den individuellen Rhythmus jedes Kindes zu respektieren. Dein Beitrag hebt hervorragend hervor, dass es eine breite Palette von “normal” gibt und dass Eltern geduldig sein sollten. Deine Anregungen zur Unterstützung der Sprachentwicklung sind auch sehr praktisch und leicht umzusetzen. Danke für das Teilen dieser wertvollen Informationen!

    • Hi Ulrike, hab vielen Dank für deinen Kommentar. Wir freuen uns, dass unser Beitrag auch in Expertenkreisen gut ankommt.

      Bist du als Logopädin tätig? Vielleicht hast du Lust, auf ein Interview oder einen fachlich fokussierten Gastartikel bei Windelprinz? Falls ja, dann melde dich gerne per E-Mail bei uns.

  2. Ein wunderbarer Artikel über die Meilensteine der kindlichen Sprachentwicklung! Es ist so wichtig, das Bewusstsein für den Einfluss von täglichen Interaktionen auf das Sprachwachstum unserer Kleinen zu schärfen. Die praktischen Tipps zur Integration der Sprachförderung in den Alltag sind ein echtes Highlight. Jede Unterhaltung, jedes gemeinsame Lied oder Buch kann einen entscheidenden Unterschied machen. Und ja, jedes Kind ist einzigartig und entwickelt sich in seinem eigenen Tempo. Die Betonung auf Früherkennung und die Ermutigung für Eltern, eine unterstützende Rolle zu spielen, ist erfrischend und positiv. Ein Muss für alle, die Kinder beim Spracherwerb begleiten!

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