Bilinguale Erziehung: Aufwachsen mit zwei Sprachen

Bilinguale Erziehung
© Lina Kivaka / Pexels – Bilinguale Erziehung: Eine großartige Chance!

Für eine zweisprachige Erziehung gibt es heutzutage viele Gründe: Dein Partner und du sprechen unterschiedliche Muttersprachen? Ihr seid selbst mehrsprachig aufgewachsen oder lebt als Familie im Ausland? In diesem Artikel erfährst du, welche grundlegenden Vorteile und Herausforderungen die bilinguale Erziehung mit sich bringt.

Viele Familien mit dem Wunsch nach einer bilingualen Erziehung stellen sich zunächst die Frage, ob eine zweisprachige Erziehung überhaupt sinnvoll ist und wann der richtige Zeitpunkt für den Start in die Bilingualität ist. Wir haben uns diesem Thema einmal genauer angenommen.

Definition bilinguale Erziehung und eine Betrachtung dieser Erziehungsform in der Praxis

Bei der “bilingualen” Erziehung handelt es sich dem Ursprung des Wortes nach um die sprachliche Bildung des Kindes unter Verwendung zweier Sprachen. Die Muttersprache teilt sich also ihren Platz mit einer weiteren Sprache oder es bestehen zwei gleichwertige Muttersprachen. Beide Sprachen werden aktiv vom Kind für die Verständigung im Alltag genutzt. Die Praxis sieht häufig so aus, dass ein Elternteil seine Muttersprache weitergibt und der andere Elternteil dies mit seiner eigenen Muttersprache gleichtut.

Startet die Spracherziehung deines Kindes bei beiden Muttersprachen etwa zur gleichen Zeit und unter gleichwertigen Bedingungen, so entwickeln sich in aller Regel beide Sprachen in ähnlichem Tempo und dein Kind wird später meist keine Schwierigkeiten mit einer der beiden Sprachen haben. Doch wie sinnvoll ist es, Kinder zwei- oder mehrsprachig zu erziehen?

Grundsätzlich haben Kinder, die die Chance zu einer mehrsprachigen Erziehung erhalten, einsprachigen Kindern gegenüber einen echten Vorteil: Da das kindliche Gehirn ständig zwischen beiden Sprachen wechselt, wird es von vornherein auf Flexibilität und eine hohe Sprachgewandtheit trainiert. Kognitiv erfassen solche Kinder fremde Sprachen auch zu einem späteren Zeitpunkt im Leben bedeutend leichter. Hieraus ergibt sich eine optimale Basis für das spätere Erlernen weiterer Fremdsprachen. Bilinguale Kinder sind oftmals sehr sprachbegabt. Dies ist mit dem frühen Training des Gehirns zu begründen.

Tipp 1: “OPOL-Methode”

Dein Partner und du sprechen unterschiedliche Sprachen, die euer Kind erlernen soll? Sprich mit deinem Kind möglichst konsequent und ohne ständiges Wechseln in deiner Sprache. Diese sollte im Idealfall deine Muttersprache sein und du solltest sie selbst flüssig und fehlerfrei beherrschen. Das Gleiche gilt für deinen Partner. Auch wenn das Kind die Sprachen anfangs vermischt oder irgendwann aus Bequemlichkeit zwischen den Sprachen wechselt, bleiben beide Elternteile möglichst bei ihrer Sprache.

Diese Vorgehensweise wird auch OPOL-Methode (englisch: “One person, one language”) genannt. Sie hilft dem Kind, zwischen den Sprachen zu unterscheiden. Erst ab etwa 3 Jahren entwickeln Kinder die Fähigkeit, die Sprachen bewusst voneinander zu trennen. Einfühlungsvermügen und Geduld sind daher gefragt. Selbstverständlich geht es auch nicht immer ohne Ausnahmen, zum Beispiel wenn Dritte am Gespräch teilnehmen. Kinder lernen mit der Zeit, mit diesen Situationen umzugehen.

Mit wie vielen Sprachen kann ein Kleinkind aufwachsen?

Ein konkretes Limit, mit wie vielen Sprachen ein Kleinkind aufwachsen kann, gibt es prinzipiell nicht. Der Erwerb von mehr als zwei Sprachen im frühesten Kindesalter stellt in aller Regel kein Problem dar. Wichtig hierbei ist, die Reaktionen deines Kindes gut zu beobachten. Wirkt es bei mehreren Sprachen schnell sehr überfordert, kann es sinnvoll sein, es bei einer bilingualen Erziehung zu belassen und die anderen Sprachen später als Fremdsprache zu erlernen. Durch die bilinguale Erziehung ist die sprachliche Versiertheit dann bereits gegeben.

Zweisprachige Erziehung
© Lina Kivaka / Pexels – Bücher und Hörspiele können den Spracherwerb fördern.

Tipp 2: Medien zur Sprachbildung

Medien können beim Erlernen von Sprachen unterstützen. Fernsehen, Filme oder Apps sind jedoch weniger dafür geeignet, da sich dein Kind hier mehr auf das Visuelle konzentriert und nicht zum aktiven Anwenden der Sprache ermutigt wird. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung rät von Bildschirmmedien für unter 3-Jährige grundsätzlich ab.

Bessere Hilfsmittel zum Spracherwerb sind Bücher und Hörspiele. Je nach Alter eigenen sich Sprachbilderbücher oder Geschichten, aber auch Reime und Kinderlieder.

Welche Vor- und Nachteile hat die bilinguale Erziehung?

+ Aus der zweisprachigen Erziehung ergeben sich zahlreiche Vorteile. Jede aktiv gesprochene Sprache kann deinem Kind später Türen öffnen, sei es im Beruf oder im Privaten. Selbst eine Sprache, die nur bis hin zu einem rudimentären Basiswissen erlernt wurde, kann helfen, das allgemeine Sprachverständnis zu schärfen.

+ Ist einem Kind die Sprache seiner kulturellen Wurzeln bekannt, so fällt es ihm leichter, Verständnis und Toleranz für diese und andere Kulturen zu entwickeln. Nicht selten werden aus bilingual erzogenen Kindern “Brückenbauer” zwischen der heimischen und der anderen Kultur.

(-) Echte Nachteile einer bilingualen Erziehung sind nicht bekannt. Sollte sich dein Kind beim Erlernen der zweiten Sprache überfordert fühlen, so muss dies nicht zwingend an der Zweisprachigkeit liegen, sondern kann aus dem grundlegenden Bedarf nach Unterstützung beim Lernen resultieren.

Tipp 3: Landessprache frühzeitig erlernen

Sofern Deutsch nicht von Anfang an, sondern als Zweitsprache erlernt wird, beachte Folgendes: Gute Deutschkenntnisse sind die Grundlage dafür, dass dein Kind sein Leistungspotenzial an einer deutschsprachigen Grundschule später voll entfalten kann. Je früher mit dem Erwerb der deutschen Sprache begonnen wird, umso leichter wird dein Kind sie verinnerlichen und ein Gefühl für die linguistischen Eigenheiten oder grammatikalische Besonderheiten (wie z.B. unregelmäßige Verben) entwickeln. Denn all das dauert seine Zeit.

Falls in einer Familie zu Hause kein Deutsch gesprochen wird, ist ein frühzeitiger Besuch in einem deutschsprachigen Kindergarten empfehlenswert. Hilfreich können auch deutschsprachige Spielkameraden, Spielgruppen o.ä. sein. Das Gleiche gilt natürlich auch für die jeweilige Landessprache, wenn ihr als Familie im fremdsprachigen Ausland lebt und das Kind dort später die lokale Schule besuchen soll.

Empfehlungen zur Vorgehensweise bei einer mehrsprachigen Erziehung

Für multilinguale Familien stellt sich oft die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Muttersprache erlernt werden sollte und wann es Zeit für das Lernen einer Fremdsprache ist. Hierzu ist die Erkenntnis, dass sich ein kleinkindliches Gehirn rasant entwickelt, elementar. Grundsätzlich besteht in jedem Kindesalter die Möglichkeit, eine mehrsprachige Erziehung anzustreben. Hast du es beispielsweise versäumt, die Bilingualität bereits im frühesten Kindheitsalter in den Sprachalltag deines Kindes zu integrieren, und möchtest du es nachholen, ist es dafür keinesfalls zu spät.

Sollte dein Kind gerade erst auf die Welt gekommen sein, empfiehlt es sich, so früh wie möglich mit der bilingualen Erziehung zu starten. Dadurch erhält dein Kind die Chance, ohne das Aufwenden zusätzlicher Kräfte und Anstrengungen die andere Sprache mit Leichtigkeit zu erwerben. Man unterscheidet hier ganz konkret zwischen dem natürlichen Spracherwerb bei aufwachsenden Kindern und dem aktiven Erlernen einer Sprache. Dein Kind wird die bilinguale Erziehung noch nicht als Lernen im eigentlichen Sinne wahrnehmen. Vielmehr ist die Anwendung mehrerer Sprachen ein natürlicher Teil seines Alltags.

Die Möglichkeit einer bilingualen Erziehung ist für Kinder eine großartige Chance und sollte im Idealfall nicht ungenutzt verstreichen.

Zweisprachigkeit bei Kindern
© Lina Kivaka / Pexels – Bilinguale Erziehung: Eine großartige Chance!

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