“Fast zehn Jahre habe ich hormonell verhütet. Wie viele Frauen habe ich schon in jungen Jahren angefangen, die Pille einzunehmen. Viel zu spät habe ich erfahren, dass es natürliche Verhütungsmethoden gibt, die richtig durchgeführt ebenso sicher sind, wie die Anti-Baby-Pille: Die Rede ist von der symptothermalen Methode, auch bekannt als NFP (Natürliche Familienplanung).”
Ein Gastbeitrag von Hanna @ Rubbelbatz.de
Ausgewertet wird laut NFP-Regeln die Körpertemperatur in Kombination mit mindestens einem weiteren Zyklusmerkmal. Das Ziel von NFP ist die Bestimmung der fruchtbaren bzw. unfruchtbaren Tage im Zyklus. Um das System der symptothermalen Methode zu verstehen, habe ich mich anhand von Primär-Literatur bzw. des Grundlagenbuches sorgfältig in die NFP-Regeln eingearbeitet und alles per Hand protokolliert und berechnet. Diese Erfahrung und das Wissen über die teile ich gerne mit dir.
Wichtige NFP-Hilfsmittel im Überblick
Wenn du, so wie ich, die symptothermale Methode ohne einen Algorithmus anwenden möchtest, benötigst du eigentlich wirklich nicht viel:
- ein Basalthermometer mit 2 Kommastellen (kostet keine 20€)
- ein Zyklusblatt (gibt es hier zum Download)
- die NFP-Regeln
Bücher
Das Buch, nach dem ich gearbeitet habe, ist im TRIAS-Verlag erschienen und heißt Natürlich und sicher – Das Praxisbuch: Familienplanung mit Sensiplan*. Neben den ausführlichen NFP-Regeln hat es mir auch einen guten Einblick in die Funktionsweise des weiblichen Zyklus vermittelt.
Für mich war allein diese NFP-Literatur wie eine spannende Reise zu mir selbst bzw. zu meiner Weiblichkeit. Der Zyklus einer Frau und wie uns die verschiedenen Phasen beeinflussen, ist wirklich faszinierend und beantwortet allen potentiellen Anwenderinnen so viele Fragen über den eigenen Zyklus. Du wirst also mehr erfahren und verstehen, was mit Dir und Deinem Körper zum Zyklusanfang passiert, warum es keine einheitliche Zykluslänge gibt und woher die typischen Beschwerden während der Periode stammen.
Es gibt, so viel möchte ich gleich zu Anfang sagen, auch einen einfacheren Weg, eine Abkürzung sozusagen.
Technische Hilfsmittel
Mittlerweile gibt es verschiedene technische Hilfsmittel, die Dich dabei unterstützen, Deinen Zyklus genauer kennenzulernen.
Einige Basalthermometer mit dazugehöriger Zyklus-App arbeiten ebenfalls nach dem Regelwerk der symptothermalen Methode (zum Beispiel der Cyclotest MySense).
Darüber hinaus gibt es noch Zykluscomputer und Verhütungscomputer. Du solltest aber auf jeden Fall wissen, dass einige Verhütungscomputer eine zu hohe Fehlerquote laut PEARL INDEX aufweisen und somit meiner Meinung nach nur bedingt zu empfehlen sind.
Du kannst dir also bei der Beobachtung deiner Körpersymptome viel Aufwand sparen und in einen solchen Algorithmus mit NFP-geeigneter Funktion investieren. Allerdings entgeht dir als NFP-Anfänger damit auch eine einzigartige Chance, dich selbst und deine Zyklusphasen kennen und verstehen zu lernen.
Zyklusmerkmale beobachten
Grundsätzlich arbeitet die symptothermale Methode immer mit mindestens zwei Zyklusmerkmalen (Körperzeichen), also mit einer doppelten Kontrolle. Eines der beiden Merkmale ist immer die Basaltemperatur. Das zweite davon kannst du selbst wählen.
Natürlich spricht auch nichts dagegen, alle drei Haupt-Zyklusmerkmale zu beobachten und die Veränderungen als individuelles Zykluswissen zu protokollieren.
Nur die Temperaturauswertung allein reicht nicht aus, um die unfruchtbaren Tage zu bestimmen.
- Basaltemperatur: Die Körpertemperatur wird unmittelbar nach dem Aufwachen immer an derselben Stelle (meist oral) gemessen.
- Zervixschleimbeobachtung: Anhand verschiedener Merkmale überprüfst und protokollierst du die Qualität, also die Beschaffenheit, deines vaginalen Ausflusses.
- Muttermund: Durch Tasten kannst du erfassen, wie hoch oder tief, weich oder hart, offen oder geschlossen dein Gebärmutterhals ist.
Das Wort “symptothermal” lässt sich dadurch übrigens auch besser verstehen: Es werden immer zwei Symptome (sympto-) zur Bestimmung der Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit ausgewertet, eines davon die Temperatur (-thermal).
Wissenswertes für alle NFP Einsteigerinnen
- Mithilfe der symptothermalen Methode kannst du sowohl verhüten, als auch gezielt ein Baby planen.
- Auch in den Wechseljahren kann die NFP Methode hilfreich sein.
- Die NFP Methode arbeitet ohne Hormone und ohne mechanischen Eingriff in die Geschlechtsorgane der Frau.
- Richtig angewendet hat die symptothermale Methode einen PEARL-Index von 0,4. Die Anti-Baby-Pille hat als Verhütungsmittel, je nach Präparat und Dosis, einen PEARL-Index zwischen 0,1 – 0,9. Der PEARL-Index gibt an, wie viele von 1000 Frauen trotz richtiger Anwendung eines Verhütungsmittels schwanger werden.
- Am Anfang solltest du mindestens 3 Monate lang den Zyklus beobachten und nach NFP-Regeln auswerten, bevor du dich auf die unfruchtbaren Tage verlässt.
- Grundlage für NFP ist, dass sich der weibliche Körper während des Zyklus wahrnehmbar verändert. Durch die Beobachtung von mindestens zwei Merkmalen lässt sich der Eisprung im Zyklus bestimmen.
- Nach dem Eisprung wandert eine Eizelle den Eileiter entlang und kann nur wenige Stunden (maximal 24 Stunden) lang befruchtet werden.
- Männliche Spermien überleben im weiblichen Körper bis zu 5 Tage. Daher solltest Du in den Tagen vor dem Eisprung keinen unverhüteten Sex haben.
Sensiplan: “Für wen ist das was?” – Quelle: Sensiplan | Youtube
Unfruchtbare Tage nach dem Eisprung erkennen
Um erfolgreich ohne Hormone zu verhüten, ist es wichtig, die fruchtbaren Tage und den Eisprung bestimmen zu können. Leider lässt sich der Eisprung anhand der Symptome erst im Nachhinein erkennen, d. h. wenn er vorbei ist. Denn dann kommt es zu einem leichten Temperaturanstieg und zur Veränderung des Muttermundes und Zervixschleims. Nach erfolgtem Eisprung musst du nicht mehr verhüten.
Nach den NFP-Regeln kannst du davon ausgehen, nicht mehr fruchtbar zu sein, wenn:
- die Basaltemperatur an drei aufeinanderfolgenden Tagen um mindestens 0,2°C höher war als der Durchschnitt aus den sechs Tagen vorher. Sollten nicht alle drei Werte um 0,2°C höher sein, musst du auch den vierten Tag abwarten. Liegt dieser weiterhin über der Hilfslinie aus den vorherigen sechs Tagen, hat der Eisprung stattgefunden.
- der Zervixschleim an drei aufeinanderfolgenden Tagen eine schlechtere Qualität als am sogenannten Schleimhöhepunkt aufweist. Sobald er an einem Tag wieder die Qualität des Schleimhöhepunkts annimmt, beginnt die Auswertung von vorne. Du brauchst immer drei Tage mit geringerer Schleimqualität hintereinander.
- der Gebärmutterhals seit drei Tagen geschlossen und hart ist.
Du bist also nicht mehr fruchtbar, wenn du drei Tage nachdem die erste höhere Messung erfolgt ist und du entweder Zervixschleim oder Muttermund entsprechend beurteilt hast. Dabei reicht ein weiteres Merkmal, also das Prinzip der doppelten Kontrolle, aus.
Vorsicht vor Störfaktoren für die Basaltemperatur
Wichtig zu wissen ist für dich auch, dass du die symptothermale Methode nur anwenden solltest, wenn Dein Lebensstil einigermaßen regelmäßig ist. Denn es gibt einige Störfaktoren, die korrekte Messungen der Basaltemperatur beeinflussen können:
- Alkohol- oder Drogenkonsum
- weniger als 4 Stunden durchgehender Schlaf vor der Messung
- Erkältungen bzw. Erkrankungen
- Zeitverschiebungen
- Reisen, Ortswechsel
- Stress
- langes Aufbleiben, Feiern
- spätes Essen
Messwerte, die aufgrund solcher Störfaktoren abweichen können, werden bei der Auswertung in der Regel ausgeklammert, d. h. nicht gewertet. Wenn Du nun zu viele solcher möglichen Abweichungen hast, funktioniert die symptothermale Methode nicht mehr richtig.
Auch in der Stillzeit ist es schwierig, mit NFP zu verhüten, denn häufig sind die Nächte von häufigem Stillen unterbrochen und der Zyklus durch hormonelle Schwankungen unregelmäßig. Je nachdem, wie zuverlässig du eine erneute Schwangerschaft verhindern möchtest, solltest Du darum auf Kondome zurückgreifen.
Unfruchtbare Phase vor dem Eisprung bestimmen
Aber auch vor dem Eisprung gibt es im Zyklus eine unfruchtbare Phase. Allerdings nur, wenn im letzten Zyklus ein Eisprung anhand einer erhöhten Temperatur in der zweiten Zyklusphase angenommen werden kann.
- 5-Tage-Regel: Wenn du noch keine Zyklen zum Auswerten hast, setzen die NFP-Regeln fest, dass die ersten 5 Tage des Zyklus als unfruchtbar angenommen werden können. Allerdings gilt das nur, solange in keinem Zyklus am oder vor dem zwölften Zyklustag eine erhöhte Messung aufgetreten ist. Sollte das vorkommen, gilt ab sofort die Minus-8-Regel.
- Minus-8-Regel: Die letzten 12 dokumentierten Zyklen werden ausgewertet. Als letzter unfruchtbarer Tag wird der Tag der frühesten ersten höheren Temperaturmessung minus 8 genommen.
- Die 5-Tage-Regel und die Minus-8-Regel gelten nur, solange nicht vorher eine Veränderung am Muttermund wahrgenommen wird oder ein feuchtes Gefühl bzw. Zervixschleim auftritt.
Bei einem sehr unregelmäßigen Zyklus verschiebt bzw. verlängert sich die unfruchtbare Phase vor dem Eisprung. Denn dann musst du auf Nummer sicher gehen und so berechnen, dass der Eisprung maximal früh stattfindet. Das bedeutet vermutlich, dass du vor der ersten höheren Messung keine unfruchtbare Zeit annehmen kannst.
Dass der Eisprung stattgefunden hat, zeigt dir aber die Auswertung von Temperatur und weiterem Zyklusmerkmal zuverlässig an. Die unfruchtbare Phase nach dem Eisprung ist bei allen Frauen zwischen 10 – 16 Tage lang. Du kannst also auch bei einem unregelmäßigen Zyklus NFP sicher anwenden.
Meine Erfahrungen mit der symptothermalen Methode
Für mich war die Entscheidung zur natürlichen Familienplanung eine der besten meines Lebens. Mir war nicht klar, welchen Unterschied es macht, sich wirklich weiblich und im Einklang mit sich selbst zu fühlen. Anfangs musste ich einiges an dummen Sprüchen über mich ergehen lassen. Vielen Menschen war der Unterschied zur Temperaturmethode unklar, die in den 80ern recht populär war und von der man heute weiß, dass sie nicht sehr sicher ist. Sprich: Ich musste viel Aufklärungsarbeit in meinem Umfeld leisten und erst die Tatsache, dass ich – entgegen der Erwartung einiger – viele Jahre mit dieser Methode kein Baby bekommen habe, hat überzeugt.
Die ersten 12 bis 18 Monate habe ich strikt die NFP-Regeln nach Sensiplan befolgt und im Alltag akribisch auf meinen Zyklusblättern mitnotiert, welche Konsistenz der Zervix-Schleim hat, wie sich die Beschaffenheit meines Muttermunds anfühlt, wann meine Temperaturhochlage ist und dann regelmäßig ausgewertet und neu berechnet. An den fruchtbaren Tagen verhüteten wir also mit Kondom. Mit zunehmender Sicherheit wurden diese Tage aber immer weniger und das anzunehmende unfruchtbare Fenster immer größer.
“NFP wurde zu meiner intuitiven Verhütungsmethode”
Zu meinem eigenen Erstaunen konnte ich dann irgendwann gänzlich auf die Beobachtungsblätter verzichten. Denn mit einer guten Körperwahrnehmung können wir Frauen den eigenen Zyklus sehr gut wahrnehmen und auch den Eisprung recht treffsicher eingrenzen. Die NFP-Methode wurde also zu meiner ganz eigenen, intuitiven Verhütungsmethode. Sogar mein Mann vermutet heute mit einer hohen Trefferquote, wann in etwa mein Eisprung stattfindet. Auf diese Weise können wir, je nach Stand der Familienplanung, auch ohne NFP-Regeln die symptothermale Methode zu unserem Vorteil nutzen.
Dass ich mich für die natürliche, hormonfreie Verhütung entschied, ist jetzt etwa zehn Jahre her. Nach den anfänglichen fünf Jahren der Verhütung haben wir heute zwei gesunde Jungs. Lange auf eine Schwangerschaft warten mussten wir nie, denn die symptothermale Methode lässt sich auch in der Kinderwunschphase verwenden.
Ich würde nicht nur sprichwörtlich meiner besten Freundin zur symptothermalen Methode raten, ich habe genau das auch getan. Sobald sie die Bereitschaft signalisierte, ebenfalls die Pille absetzen zu wollen, gab ich ihr sofort mein Buch über die NFP-Regeln samt Anleitung, machte ihr Mut, dass sich die ersten Unsicherheiten schnell legen würden und wünschte ihr alles Gute auf ihrer eignen Reise zu ihrer Weiblichkeit.
Über Hanna
Hanna (31) ist Zweifachmama und Bloggerin. Zusammen mit ihrem Mann Indro bloggt Hanna auf dem gemeinsamen Familienblog Rubbelbatz. In ihre Tipps und Ratschläge für andere Eltern fließen auch immer die individuellen Erfahrungswerte der beiden ein, was den Blog sehr persönlich macht. Ihren beiden Kindern geben Hanna und Indro in ihren Posts die liebevollen Synonyme “Sonnenschein” und “Rubbelbatz”, während die beiden sich selbst als “Rubbelmama” und “Rubbelpapa” titulieren. Liebenswert, lesenswert und sympathisch – wir empfehen euch den Blog der Rubbelfamile gerne weiter.
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Eure Ansprechperson in der Windelprinz Redaktion ist Stefanie. Die dreifache Mami gründete in 2017 das Onlinemagazin Windelprinz.