Plötzlich alleinerziehend – Was steht mir zu?

Alleinerziehend
© Hallmackenreuther / Pixabay

Mehr als 20% aller deutschen Familien bestehen aus einem Elternteil mit Kindern. Alleinerziehende gibt es überall – für die meisten Personen sind Trennung und Scheidung ein tiefer Einschnitt in das bisherige Leben. Doch manchmal ist die Trennung unvermeidbar.

Alleinerziehend tragt ihr in der Zukunft die volle Verantwortung für euch und eure Kinder. Doch oft steht nur noch ein Teil des zuvor verfügbaren, Familieneinkommens zur Verfügung. Finanziell stellt das Leben als alleinerziehendes Elternteil deshalb nicht selten eine Herausforderung dar. Doch für die veränderte Situation gibt es unterschiedliche Hilfsangebote. Im folgenden Beitrag findet ihr wichtige Tipps und Infos rund um staatliche Hilfe für Eltern, die ihr neues Leben alleinerziehend in die Hand nehmen. Denn wer über die verschiedenen Angebote und Ansprüche Bescheid weiß, wird seiner Verantwortung im neuen Lebensabschnitt für sich und seine Kinder wohl am besten gerecht.

Das deutsche Unterhaltsrecht

Zunächst lohnt sich für euch ein Blick auf das deutsche Unterhaltsrecht. Denn der Gesetzgeber hat eine Unterhaltspflicht geregelt, die dafür sorgt, dass ihr auch alleinerziehend nicht alle Kosten des täglichen Lebens alleine stemmen müsst. Alle Kinder haben grundsätzlich einen Anspruch auf Unterhalt – von beiden Elternteilen. Als Alleinerziehende leistet ihr jedoch bereits euren Anteil für den Unterhalt, indem ihr euch der Pflege und Erziehung des Kindes widmet. Demgegenüber muss das andere Elternteil finanziellen Unterhalt leisten.

Ihr solltet beim Kindesunterhalt daran denken, diesen möglichst schnell zu beantragen. Denn der Unterhalt für eurer Kind wird nicht rückwirkend gezahlt. Vielmehr ist der Zeitpunkt der Antragstellung entscheidend, ab wann euch der Unterhalt zuteil wird. Wer keinen Unterhalt oder zu wenig Unterhalt bekommt, kann beim Jugendamt zudem einen Unterhaltsvorschuss beantragen. Diesen zahlt das Jugendamt, um eventuelle Lücken oder Zahlungsschwierigkeiten eures ehemaligen Partners und Kindesvaters auszugleichen.

Unterhalt
© Bru-nO / Pixabay

Zudem gibt es weitere Formen des Unterhalts, von denen ihr alleinerziehend profitieren könnt. Je nach eurem aktuellen Familienstand gibt es unterschiedliche Formen. Zunächst bekommt ihr einen Trennungsunterhalt, der in der Praxis schnell und leicht durchsetzbar ist. Nach dem Trennungsjahr und der rechtskräftigen Scheidung habt ihr dann immer noch einen Anspruch auf Geschiedenenunterhalt. Der nacheheliche Unterhalt bringt strengere Formen mit sich. Professionelle Unterstützung ist empfehlenswert, um die komplexen Anspruchsvoraussetzungen zu durchblicken und den Unterhalt zu beantragen. Nach der Trennung oder Scheidung steht euch grundsätzlich Betreuungsunterhalt zu. Die Höhe des Betreuungsunterhalt richtet sich nach der Düsseldorfer Tabelle. Grundsätzlich bekommt ihr 3/7 des relevanten Nettoeinkommens des Unterhaltspflichtigen.

Sorgerecht, Umgangsrecht und Co.

Die Trennung stellt einen großen Einschnitt in das bisherigen Leben dar – sowohl für euch als Ehepartner als auch für die Kinder. Darum liegt es insbesondere im Interesse der Kinder, das Sorgerecht und Umgangsrecht einvernehmlich zu regeln. Doch das ist nicht immer möglich. Natürlich existieren dann auch in diesem Bereich gesetzliche Regelungen, die den Umgang der Kinder mit dem anderen Elternteil regeln. Das Umgangsrecht ermöglicht dem Elternteil das Recht, das Kind regelmäßig zu besuchen und/oder zu sprechen. Dies umfasst nicht nur persönliche Begegnungen sondern auch Telefonate und Co.

Demgegenüber geht es beim Sorgerecht um das Recht, mit dem ihr alle Angelegenheiten regeln könnt, die für das Leben eurer Kinder entscheidend sind. Darunter fallen verschiedene Angelegenheiten von der Bestimmung des Namens bis zur Auswahl von Schule und Ausbildung. Neben einem alleinigen Sorgerecht für Alleinerziehende gibt es auch die Möglichkeit, das Sorgerecht gemeinsam auszuüben. An dieser Stelle empfiehlt sich insbesondere im Streitfall eine fachanwaltliche Beratung, um mehr über eure Möglichkeiten zu erfahren.

Sorgerecht
© geralt / Pixabay

Kindergeld und Elterngeld als Unterstützung

Eine weitere Form der Unterstützung findet sich in Kindergeld und Elterngeld. Als Alleinerziehender könnt ihr das Elterngeld zunächst 14 Monate in Anspruch nehmen. Je nach der Höhe eures Einkommens vor der Geburt, ist das Elterngeld auch unterschiedlich hoch. Mindestens bekommt ihr jedoch 300 Euro monatlich (siehe: Elterngeldrechner). Die Anmeldung der Elternzeit erfolgt beim Arbeitgeber. Dafür genügt ein formloses Schreiben. Zum Vergleich: Bei Paaren ist Elterngeld ebenfalls für 14 Monate lang möglich – allerdings nur wenn sich beide Elternteile um das Kind kümmern. Alleinerziehend könnt ihr immer den Anspruch auf volle 14 Monate Elterngeld geltend machen.

Zudem gibt es als staatliche Unterstützung Kindergeld, das grundsätzlich bis zum 18. Lebensjahr bezahlt wird. Die monatliche Höhe eures Kindergelds hängt davon ab, um das wievielte Kind es sich handelt. Mit jedem weiteren Kind erhöht sich auch das Kindergeld. Wichtig: Grundsätzlich kann das Kindergeld nur an einen Elternteil ausbezahlt werden. Hier greift das sogenannte Obhutsprinzip.

Kinderzuschlag

Insbesondere wenn ihr alleinerziehend nur ein geringeres Einkommen erwirtschaftet könnt, ist es empfehlenswert, den Anspruch auf Kinderzuschlag zu prüfen. Wer den Kinderzuschlag nutzt, kann verhindern, ALG II beantragen zu müssen. Denn der Kinderzuschlag liegt über der relevanten Bemessungsgrenze. Die Beantragung erfolgt bei der zuständigen Agentur für Arbeit. Diese prüft dann, ob ihr die verschiedenen Voraussetzungen erfüllt, um den Kinderzuschlag zu erhalten. Diesen gibt es übrigens für alle Kinder bis zu einem Höchstalter von 25 Jahren.

Wohngeld für die Familie beantragen

Wer alleinerziehend ist, benötigt natürlich auch eine eigene Wohnung. Falls ihr vorher noch mit eurem Partner zusammen gewohnt habt, steht ihr nun auf eigenen Beinen. Aller Anfang ist schwer – das hat sich auch der Gesetzgeber gedacht und festgelegt, dass Alleinerziehende Wohngeld beantragen können.

Wohngeld
© congerdesign / Pixabay

Wenn ihr alleinerziehend nur ein geringes Einkommen bekommt, könnt ihr Wohngeld beantragen, sofern ihr die Miete selbst zahlt und kein Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe in Anspruch nehmt. Das Wohngeld ist dann eine Art Zuschuss zur Miete. Die Berechnung erfolgt immer individuell und hängt zum Beispiel von der Anzahl der Kinder, dem Einkommen und auch der Höhe der Miete ab. Für Alleinerziehende kann es sich durchaus lohnen, den Anspruch auf Wohngeld zu prüfen.

Daneben gibt es noch eine Sonderform des Wohngeldes: das sogenannte Kinderwohngeld. Die Auszahlung vom Kinderwohngeld kommt dann in Betracht, wenn ihr Arbeitslosengeld II  bezieht. Voraussetzung ist, dass euer Kind eigene Einnahmen hat (z.B. Kindergeld, Unterhalt, Unterhaltvorschuss oder ggf. Halbwaisenrente).

Hartz 4
© wir_sind_klein / Pixabay

Mehrbedarf für Alleinerziehende

Wer als Alleinerziehende/r Hartz 4 empfängt, führt oftmals ein Leben unweit der Armutsgrenze. Dann greift unter Umständen der sogenannte Mehrbedarf für Alleinerziehende. Dieser ist auch unter dem Namen Alleinerziehendenzuschlag bekannt und ergänzt den Hartz 4 Regelsatz. Je nach Alter und Anzahl der Kinder könnt ihr einen Zuschlag in unterschiedlicher Höhe bekommen. Dies soll euren höheren Aufwand ausgleichen, den ihr in Form der Versorgung, Pflege und Erziehung der Kinder Tag für Tag leisten müsst. Ein Antrag auf den Mehrbedarf ist übrigens gar nicht notwendig. Wenn ihr ALG II oder Sozialhilfe bekommt, genügt ein Hinweis darauf, dass ihr alleinerziehend seid und schon bekommt ihr den Zuschlag.

Sonstige Unterstützungsangebote für Alleinerziehende

Darüber hinaus gibt es noch eine Vielzahl weiterer Unterstützungsangebote für alle Personen, die alleinerziehend sind. Zunächst ist immer eine Beratung beim Jugendamt vor Ort empfehlenswert. Gerade bei Ungewissheit hinsichtlich von Ansprüchen und Leistungen könnt ihr von der Beratung vollumfänglich profitieren. Diese ist natürlich kostenlos. Darüber hinaus gibt es oftmals regionale Unterstützungsangebote der Länder. Zudem helfen einige Stiftungen und Kirchen mit ihrem Angebot gerade alleinerziehenden Eltern.

Steuererklärung
© webandi / Pixabay

Wichtig: Auch bei der Steuererklärung solltet ihr als Alleinerziehende ggf. genau hinschauen. Mit dem Kinderfreibetrag, Betreuungskosten oder dem Entlastungsbetrag für Alleinerziehende winken oftmals steuerliche Vergütungen. Die solltet ihr im Anspruchsfall unbedingt mitnehmen.

Wie ihr seht, gibt es unzählige Möglichkeiten der Unterstützung. Mit den verschiedenen Angeboten könnt ihr auch den neuen Lebensabschnitt alleinerziehend erfolgreich bewältigen.

Alleinerziehend
© Hallmackenreuther / Pixabay

Mehr zum Thema:

Umgangsrecht: Getrennt mit Kind – welche Regeln muss ich beachten?
Schwanger und arbeitslos – Was steht mir zu?
Kindergeld-Auszahlungstermine
Trennung mit Kind – 2 Buchtipps für Eltern

Buchtipp / Werbung:

Kinderbuchtipp bei Trennung
© Gabriel Verlag – Buchtipp / Werbung (Affiliatelink)

Ein Kommentar zu “Plötzlich alleinerziehend – Was steht mir zu?”

  1. Vielen Dank für den informativen Beitrag über Unterstützungsangebote für alleinerziehende Personen! Das Thema Unterhalt und Sorgerecht hat in Scheidungsprozessen ein hohes Konfliktpotenzial. Häufig gibt es Fälle, in denen beide Elternteile dafür kämpfen, dass die Kinder die meiste Zeit bei einem selbst wohnen. Für die Kinder bedeutet das ein enormer psychischer Stress, weshalb es umso wichtiger ist, dass beide Eltern sich die Frage stellen, was wirklich im Sinne des Kindeswohls ist, unter Umständen auch mit fachlicher Beratung eines Rechtsanwalts für Familienrecht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*