Social Freezing: Kinderwunsch auf Eis gelegt

Social Freezing
© Andrea Piacquadio / Pexels – Social Freezing: Kinderwunsch auf Eis gelegt

Social Freezing bezeichnet das Einfrieren von Eizellen (Oozyten) zur späteren Verwendung aus nicht-medizinischen Gründen. – Kontrovers diskutiert und für viele Frauen dennoch eine Investition in die Zukunft. In diesem Artikel erklären wir sachlich-neutral, worum es beim Social Freezing geht, welche Vor- und Nachteile, aber auch Kosten dabei entstehen.

“Social Freezing” ist ein noch relativ neuer Begriff, der erst im vergangenen Jahrzehnt geprägt wurde. Doch so neu die Wortschöpfung auch sein mag, so verbirgt sich dahinter ein bekanntes biomedizinisches Verfahren, das seine Ursprünge in den 1980er Jahren hat. Die Rede ist dabei von Kryokonservierung, einem Verfahren, bei dem Eizellen (oder auch Spermien) mithilfe von Stickstoff auf sehr niedrige Temperaturen abgekühlt werden. Dadurch werden sie für einen unbegrenzten Zeitraum haltbar gemacht und ermöglichen eine spätere Familienplanung.

In den letzten Jahren ist die Zahl der Menschen, die sich für Kryokonservierung entscheiden, stetig gestiegen und damit auch die Zahl all derer Personen, die sich aus nicht-medizinischen Gründen dafür entscheiden. Doch was sind die Gründe dafür?

Warum Eizellen einfrieren?

Die Beweggründe, weshalb Frauen ihre Eizellen einfrieren lassen, sind vielfältig. Eine Kryokonservierung kann sowohl aus gesundheitlichen, als auch aus persönlichen oder sozialen Beweggründen eine Option sein:

So entscheiden sich viele Krebspatientinnen, die sich einer Tumorbehandlung, wie Chemotherapie oder Bestrahlung, unterziehen müssen, ihre Eizellen im Vorfeld einzufrieren. Aber auch andere medizinisch begründete Indikationen sind denkbar, wie zum Beispiel eine bevorstehende Eierstockentfernung oder die frühe Diagnose einer Endometriose oder Autoimmunerkrankung. In solchen Fällen spricht man vom sogenannten “Medical Freezing”, da die Beweggründe der Eizellentnahme und Konservierung medizinisch indiziert sind. Im vielen solcher medizinisch begründeten Fälle definieren die gesetzlichen Krankenkassen die Kryokonservierung als Kassenleistung (Quelle: BMG).

In letzter Zeit wird Kryokonservierung jedoch auch immer häufiger als individuelle “Fruchtbarkeitsversicherung” gewählt. Der Hintergrund: Die Fruchtbarkeit von Frauen nimmt mit dem Alter auf natürliche Weise ab. Der Grund: Nach dem 35. Lebensjahr sinkt die Eizellreserve einer Frau merklich – und damit auch die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft. Das sogenannte “Anti-Müller-Hormon” (kurz: AMH) liefert Rückschlüsse über die Eizellreserve. Dank moderner At-Home Fruchtbarkeitstests lässt sich der AMH-Spiegel unkompliziert überprüfen. Wie das genau funktioniert, erklären wir in einem unserer nächsten Beiträge.

Während die Fruchtbarkeit mit zunehmendem Alter sinkt, steigt zugleich das Risiko für Komplikationen, ebenso wie die altersbedingte Wahrscheinlichkeit für Trisomien. Die Kryokonservierung bietet Frauen die Möglichkeit, ihre Eizellen zu einem Zeitpunkt zu konservieren, an dem sie noch gesund und lebensfähig sind. Erfolgt die Entscheidung aus einer persönlichen, nicht-medizinischen Motivation heraus, wird sie als “Social Freezing” bezeichnet.

Social Freezing – wer entscheidet sich dafür?

Junge Frauen, die sich heutzutage für das Social Freezing entscheiden, möchten sich in aller Regel die Option einer späteren Familienplanung offenhalten. Die Motivationsgründe sind dabei ganz individuell. Viele der Frauen sind noch nicht bereit für eine Schwangerschaft oder befinden sich schlichtweg in keiner festen Beziehung. Nach jahrelanger Ausbildung oder Studium möchten sich viele zunächst auf ihre Karriere konzentrieren oder die Lebensumstände erscheinen unpassend. Andere sind sich grundsätzlich noch unsicher, ob sie später einmal Kinder wollen. Die Entscheidung wird somit vertagt. Natürlich stößt diese neue Art der Freizügigkeit innerhalb der Familienplanung auch auf Kritik und du wirst darüber sehr viel lesen können. Wir wollen uns jedoch darauf beschränken, zu erklären, warum es geht.

Wie funktioniert Social Freezing?

Der Social-Freezing-Prozess besteht prinzipiell aus den folgenden Schritten:

  • Medizinische Voruntersuchung: Im Rahmen einer gynäkologischen Untersuchung wird geprüft, ob die Frau die Voraussetzungen für das Social Freezing erfüllt. Hierzu werden mitunter Blutwerte, Hormonhaushalt und Eizellreserve analysiert.
  • Hormonstimulation: Die Frau erhält Hormonpräparate, welche die Eierstöcke dazu anregen, mehrere Eizellen (Follikel) zu produzieren. Die Hormon- bzw. Follikelstimulation erfolgt in aller Regel am zweiten oder dritten Zyklustag.
  • Eizellentnahme: Zwischen dem 12. und 15. Zyklustag werden die reifen Eizellen in Form eines chirurgischen Eingriffs aus den Eierstöcken entnommen. Konkret handelt es sich dabei um eine Follikelpunktion, bei der eine dünne Nadel über die Scheide eingeführt wird. Dieser Vorgang erfolgt unter Ultraschallkontrolle und (zumeist) Vollnarkose.
  • Einfrieren der Eizellen: Die reifen, unbefruchteten Eizellen werden mithilfe einer schnellen und zellschonenden Gefriermethode, der Vitrifikation, eingefroren. Somit kann die Qualität der Eizellen erhalten werden.
  • Einlagerung der Eizellen: Nachdem die Eizellen eingefroren wurden, werden sie fortan bei einer konstanten Temperatur von –196 Grad Celsius für die spätere Verwendung gelagert. Dies erfolgt in spezialisierten Kryo-Tanks, gefüllt mit flüssigem Stickstoff.

Wie viele Eizellen bei einer Entnahme gewonnen werden können, ist individuell und mitunter abhängig von der Art der Stimulation, aber auch von der ovariellen Reserve, dem Alter und dem gesundheitlichen Zustand der Frau. Daher kann es durchaus nötig sein, mehrere Entnahmen durchzuführen. Die Empfehlung der Entnahmemenge variiert bei den verschiedenen Kinderwunschzentren zwischen 15 und 30 Eizellen.

Vor- und Nachteile von Social Freezing

Für das Social Freezing spricht ein wesentliches Argument: Eine Frau kann damit Zeit gewinnen, um sich zu einem späteren Zeitpunkt für eine Familie zu entscheiden, auch wenn ihre Fruchtbarkeit aufgrund ihres Alters oder anderer Faktoren sinkt. Unter Zeitdruck zu stehen, kann eine enorme psychische Belastung darstellen. Social Freezing kann diesen Druck lösen.

Durch die frühe Entnahme gesunder Eizellen in jungen Jahren (insbesondere unter 35 Jahren), erhöht sich die Chance, dass daraus ein gesunder Embryo entsteht.

Social Freezing hat jedoch auch einige Nachteile. Zum einen ist die Erfolgsrate der Befruchtung mit kryokonservierten Eizellen etwas geringer als mit frischen Eizellen. Sie liegt in der Regel zwischen 20 und 30 Prozent und ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Dazu zählen mitunter das Alter der Frau zum Zeitpunkt der Entnahme, die Qualität der Eizellen und die Methode der künstlichen Befruchtung. Mehr zur Erfolgsrate findest du weitere Informationen im Beitrag “Social Freezing: Erfolgsstatistiken” (Quelle: fertilly.com).

Zum anderen ist das Verfahren durchaus kostenintensiv und Krankenkassen kommen ohne medizinische Indikation nicht dafür auf.

Was kostet Social Freezing?

Die Kosten für das Social Freezing setzen sich aus mehreren Komponenten zusammen, darunter Beratung und Untersuchung; Stimulation, Entnahme und Konservierung der Eizellen. Darüber hinaus variieren sie je nach Klinik und Region. In Deutschland liegen die Kosten für Medikamente und Behandlung bei rund 3.500 bis 5.000 Euro pro Zyklus und Eizellentnahme. Da nicht selten auch zwei oder drei Entnahmen nötig sind, multiplizieren sich die Kosten um diesen Faktor. Die Kosten für die Lagerung der Eizellen liegen zwischen 300 und 500 Euro pro Jahr.

Zusätzlich zu diesen Kosten fallen in Folge ggf. Kosten für die künstliche Befruchtung an, wenn die eingefrorenen Eizellen später dann tatsächlich verwendet werden sollen. Die Kosten für die künstliche Befruchtung haben eine weite Range und liegen in der Regel zwischen 3.000 und 8.000 Euro.

Fazit:

Social Freezing ist eine Option für Frauen, die sich die Möglichkeit einer späteren Schwangerschaft aus nicht-medizinischen Hintergründen offenhalten möchten. Frauen, die sich für Social Freezing entscheiden, sehen darin in aller Regel ein Mittel für mehr Selbstbestimmung. Ihre Lebensplanung ist damit nicht an eine “biologische Uhr” gekoppelt. Social Freezing ist jedoch nicht gerade billig und die Erfolgsrate der Befruchtung mit kryokonservierten Eizellen ist etwas geringer als mit frischen Eizellen. Umso wichtiger ist es, sich vor der Entscheidung gut zu informieren und die Vor- und Nachteile abzuwägen. Falls Social Freezing auch für dich in Betracht kommt, solltest du dich an einen Arzt oder eine Beratungsstelle für Reproduktionsmedizin wenden.

Social Freezing: Eizellen einfrieren
© Andrea Piacquadio / Pexels – Mehr Selbstbestimmung mit Social Freezing?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*