Ein positives Geburtserlebnis, das wünscht sich wohl jede werdende Mutter. Im Idealfall handelt es sich dabei um das Erlebnis einer selbstbestimmten Geburt, die sie selbst und vor allem aktiv meistern wird. Ein wichtiges Schlagwort dabei ist „Empowerment“: Jede Frau sollte in ihre ureigene Fähigkeit vertrauen, ein Kind zur Welt zu bringen.
Doch bedeutet Selbstbestimmtheit natürlich auch, den Modus einer Entbindung selbst zu bestimmen. In der heutigen Zeit zählt dazu auch die Option schmerzreduzierender Maßnahmen, wie zum Beispiel einer Periduralanästhesie (PDA) oder aber auch die freie Wahl einer Wunschsectio (Kaiserschnitt auf Wunsch).
Mehr Statistiken findest du bei Statista
In Deutschland wurden im Jahr 2020 laut dem Statistischen Bundesamt 220.740 Kaiserschnitte durchgeführt. Somit wird fast jedes dritte Kind per Kaiserschnitt geboren. Die Kaiserschnittrate beträgt 29,7 Prozent. Doch liegt Deutschland mit dieser Quote gerade einmal im Mittelfeld der OECD-Länder. Spitzerreiter ist hier die Türkei. Dort kamen im Jahr 2019 mehr als die Hälfte aller Babys per Kaiserschnitt zur Welt, bei einer Kaiserschnittrate von 54 Prozent.
Wenn die Angst mitbestimmt
Gerade beim Wunschkaiserschnitt stehen verschiedene Aspekte im Gegensatz: auf der einen Seite die Selbstbestimmtheit und Autonomie der Schwangeren, auf der anderen Seite das medizinische Risiko und die Rechtfertigung eines Eingriffs ohne medizinische Indikation. Interessant bleibt hier die Frage nach den Gründen, die Frauen zu dieser Entscheidung bewegen…
Haben wir Frauen Angst vor der Geburt? Haben wir unser Vertrauen in den eigenen Körper verloren und fokussieren uns auf vermeintliche Unzulänglichkeiten? Was macht unsere Gesellschaft mit diesem Thema? Diesen Fragen begegnen Initiativen und Konzepte, wie „Birth-esteem“, die sich für Empowerment, weibliches Vertrauen in den eigenen Körper, sowie für ein respektvolles und positives Bild der natürlichen Geburt einsetzen.
8 Tipps für DEINE selbstbestimmte Geburt
Hast du bereits einen Geburtsplan? Wir haben 8 Tipps für dich, wie deine Geburt positiv, „empowered“ und vor allem selbstbestimmt ablaufen kann, egal für welchen “Modus” du dich schlussendlich entscheidest.
1.) Vertraue in dich und in deinen Körper
Die Fähigkeit, eine Geburt zu meistern, wurde dir von der Natur mitgegeben und muss nicht erlernt werden. Was du dir jedoch aneignen kannst, ist das Wissen um die Möglichkeiten, die dir bei einer Entbindung zur Wahl stehen.
2.) Besuche einen Geburtsvorbereitungskurs
Wähle einen Kurs, der dich nicht nur mit der Physiologie und den körperlichen Aspekten rund um die Geburt vertraut macht, sondern dir auch mentale Praktiken zum Umgang mit Sorgen, Ängsten und Schmerzen vermittelt, sowie Atemtechniken, die bei der Veratmung von Wehen Unterstützung leisten können. Ein guter Geburtsvorbereitungskurs kann dir einen echten Vertrauensschub geben. Vielleicht ist in unseren regelmäßig aktualisierten Städteverzeichnissen ein passender Kurs für dich dabei?
3.) Kenne die Geburtsphasen und -positionen
Mache dich um Vorfeld mit den verschiedenen Geburtspositionen vertraut und lerne, wie dich diese in den unterschiedlichen Phasen der Geburt unterstützen können. Es ist sehr sinnvoll, die 4 Phasen der Geburt zu kennen und für sich zu nutzen. Trau dich, in jeder Phase, aktiv zu sein und selbst zu wählen, was sich für dich hilfreich und richtig anfühlt. Wenn etwas gegen eine bestimmte Position spricht, werden die Geburtshelfer es dir sagen.
4.) Wähle selbst das Umfeld deiner Geburt
Wähle für deine Entbindung einen Ort, wo du dich gut aufgehoben fühlst. Die Entscheidung, ob Krankenhaus, Geburtshaus oder Hausgeburt, ergibt sich durch deine persönlichen Vorstellungen, dein Sicherheitsbedürfnis und manchmal jedoch auch durch eine medizinische Indikation. Darum vielleicht noch etwas wichtiger als der Ort: Umgib dich mit positiver Energie und wähle eine Begleitung, die dir ein gutes Gefühl vermittelt. Das kann dein Partner sein, aber auch ein geliebter Mensch, die beste Freundin oder eine Doula.
5.) Lass dich nicht verunsichern
Vermeide Diskussionsforen im Internet und lass dich nicht von dramatischen Geburtsgeschichten anderer verunsichern. Lies oder höre zu, wenn es dir guttut. Lerne aber auch STOP zu sagen, wenn du manche Horrorgeschichten einfach nicht hören magst. Ein guter Beitrag dazu: Bitte keine Horrorgeschichten aus dem Kreißsaal mehr! (einerschreitimmer.com).
Jede Geburt ist individuell, doch es kommt auch hinzu, dass jeder Mensch seine eigene, subjektive Wahrnehmung hat. Es gibt Frauen, die – rein objektiv betrachtet – eine vollkommen komplikationslose Geburt erleben und diese als schmerzhaft und gefährlich schildern. Andere erleben vielleicht einen ungeplanten geburtsmedizinischen Eingriff oder erleiden Blessuren und beschreiben ihre Entbindung trotzdem als die wunderbarste Erfahrung in ihrem Leben.
„Die Geburtserfahrung verändert sich mit der Einstellung, mit der sie angegangen wird.“ – Zitat: Jana Friedrich, Hebamme
6.) Kenne die geburtsmedizinischen Eingriffe
Es ist gut, sich im Vorfeld mit möglichen Ereignissen unter der Geburt und geburtsmedizinischen Eingriffen zu befassen. Nicht um dich komplett verrückt zu machen, sondern um zu verstehen, wann und weshalb es zu Eingriffen kommen kann und warum diese manchmal nötig sind.
Bekannte Maßnahmen sind unter anderem: Einleitung (medikamentös oder mechanisch), Anästhetika (z.B. PDA), intrapartale Oxytocinzufuhr („Wehentropf“), weitere wehenfördernde Maßnahmen, Saugglocken- oder Zangengeburt, Dammschnitt, (Notfall-)Sectio. Mach dich im Vorfeld ein wenig schlau darüber. Hierbei ist das B.R.A.I.N.-Akronym hilfreich.
B.R.A.I.N. steht für:
B – Benefits (Vorteile) – Was sind die Vorteile?
R – Risks (Risiken) – Welche Risiken hat der Eingriff?
A – Alternatives(Alternativen) – Gibt es Alternativen?
I – Intuition – Was sagt mein Bauchgefühl?
N – Nothing (Nichts) – Was passiert, wenn ich nicht handle?
Das Wissen über geburtsmedizinische Eingriffe erlaubt dir, in der akuten Situation besser einschätzen und verstehen zu können, was da gerade passiert. Somit wirst du nicht zum passiven Opfer, sondern du bleibst der Akteur oder zumindest Regisseur bei deiner Geburt (Stichwort: #gewaltfreiegeburt). Wenn du dir im Fall einer Intervention unsicher bist, kann dir B.R.A.I.N. helfen, die richtigen Fragen zu stellen.
7.) Stelle dich deiner Angst
Stelle dich bereits im Vorfeld der Geburt deinen Ängsten und Sorgen. Wenn du Angst vor der Geburt hast, schenke diesen Gefühlen Beachtung und schiebe sie nicht weg. Finde heraus, woher diese Gefühle kommen. Ängste und unverarbeitete Erlebnisse, wie z.B. ein vorhergehendes Geburtstrauma oder eine frühere Fehlgeburt, können dem natürlichen Geburtsprozess im Weg stehen.
Sprich mit einer Person deines Vertrauens über deine Ängste. Ein guter Ansprechpartner kann deine Hebamme oder eine Doula sein. Falls es dir schwerfällt, darüber zu reden, schreibe deine Ängste auf ein Blatt Papier.
8.) Erstelle einen Geburtsplan
Lass dir von deinem Frauenarzt oder deiner Frauenärztin rechtzeitig, eine Überweisung für ein Geburtsplanungsgespräch ausstellen. Damit kannst du einen Termin in der Geburtsklinik oder dem Geburtshaus deiner Wahl vereinbahren. In der Regel findet dieser Termin etwa um die 36. SSW statt. Bei Mehrlingen oder einer geplanten Hausgeburt meist schon früher.
Im Rahmen dieses Geburtsplanungsgespräch swird deine Krankenakte angelegt und es werden vorangegangene Schwangerschaften, sowie der Verlauf deiner aktuellen Schwangerschaft besprochen. Du hast die Möglichkeit, Fragen zum Ablauf der Entbindung zu stellen und kannst alle Dinge besprechen, auf die du Wert legst.
FAZIT:
Trotz aller Tipps und Planung verläuft eine Geburt nicht nach Schema. So lassen sich manche Dinge einfach nicht im Voraus planen. In der Geburtshilfe und der Geburtsmedizin treten immer Situationen auf, die eine flexible Lösung oder ein schnelles Handeln erfordern. Wann immer sich jedoch etwas nicht richtig anfühlt, sprich es direkt an und stelle Fragen. Sei der aktive Part, denn es ist DEINE Geburt.
Für einen positiven Umgang mit der Geburt legen wir allen Schwangeren Jana Friedrichs „Birth-esteem“ Konzept ans Herz. Hierbei geht es nicht um die Negierung von Schmerzen, Ängsten und Risiken, sondern um einen guten Umgang damit.
Jana Friedrich ist Mutter von zwei Kindern und Hebamme seit 1998. Durch Ihre Rollen als Bloggerin (Hebammenblog.de seit 2012), Autorin, Dozentin und Speakerin erzielt sie eine hohe Medienpräsenz und nutzt diese, um Schwangere zu empowern und ihnen den #birthesteem Begriff zu vermitteln.
Eure Ansprechperson in der Windelprinz Redaktion ist Stefanie. Die dreifache Mami gründete in 2017 das Onlinemagazin Windelprinz.