Wir alle lieben unsere Kinder und finden es wunderbar, wenn sie eigene Ideen haben und kreativ sind. Besonders jetzt, wo wir alle im Homeoffice sitzen. Was ist zwischen Haushalt, Homeschooling und Kleinkindbetreuung eigentlich noch leistbar für Eltern in dieser Ausnahmesituation?
Nach mittlerweile drei Wochen Quarantäne ohne Kita und Schule kommen die Kinder auf immer ausgefallenere Ideen. Der Jüngste hat beschlossen, ein Sternekoch zu werden. Zugegebenermaßen ist sein neuestes Kinder- und Jugendkochbuch nicht ganz unschuld. (Der Tragweite war Mama sich zuvor nicht bewusst.) Zu allem Überfluss hat sich die Mittlere natürlich auch inspirieren lassen und arbeitet mit Hochdruck an ihrer neuen Karriere als Stuntfrau. Ganz toll. Aber lest einfach weiter…
Chronik des perfekten Chaos
08:23 Uhr: Die erste Herausforderung ist das morgendliche Frühstück, bei dem man mit einer Hand versucht, den Jüngsten davon abzuhalten, sich aus dem Kinderhochstuhl zu stürzen und mit den “Großen” ein halbwegs essbares Frühstück zu zaubern.
[ Noch 7 Minuten bis zur Video-Konferenz. ]
08:26 Uhr: Den ersten Wutanfall gibt es, als man auch nur auf die Idee kommt “Jamie Oliver junior” beim Brot schmieren zu helfen, denn der möchte seinen Toast an Salamischeiben mit einem Hauch von Schnittlauch natürlich gerne selber anrichten.
[ Noch 4 Minuten bis zur Video-Konferenz. ]
Nach dem Vorschlag, dass heute ausnahmsweise im Wohnzimmer vor dem Fernseher gefrühstückt werden darf, sind alle Gemüter halbwegs beruhigt.
08:28 Uhr: Noch schnell das Oberteil gewechselt, für die verwaschene, fliederfarbene Pyjamahose reicht die Zeit nicht mehr. Oben Business unten Jogger. Na dann eben auf keinen Fall aufstehen.
[ Noch 2 Minuten bis zur Video-Konferenz. ]
Mit einer schnellen Handbewegung Stifte, Autos und Dinos vom Küchentisch gefegt, den Laptop hochgefahren und schon ist der provisorische Arbeitsplatz fertig.
08:30 Uhr: Die Video-Konferenz beginnt. Beim Blick in das eigene Spiegelbild noch kurz den Schnittlauch aus den Haaren geschüttelt und es kann losgehen.
Nach 13 Minuten störungsfreiem Video-Chat mit dem neuen Kunden kommt ein stolzes Gefühl hoch und man denkt, was für tolle Kinder man doch hat und dass sie nachher ein dickes Lob bekommen, weil sie Mama so ungestört haben arbeiten lassen.
08:43 Uhr: Dieses wohlige Gefühl wird sofort im Keim erstickt, als mit einem lauten Rums die Küchen-Tür auffliegt und die kleine Stuntfrau heulend und schreiend hereinrennt. Mit blutender Nase versucht sie schluchzend zu erzählen was passiert ist, als der Sterne-Koch auch noch ins Zimmer schlittert. Er ist von oben bis unten mit einer klebrigen Substanz überzogen, die alles komplett schmierig macht. Was zur Hölle ist das? Honig??
Natürlich springt man auf, um seinen Kindern zu Hilfe zu eilen. Und natürlich sieht jeder bei der Video-Konferenz, dass man eine fliederfarbene Schlafanzughose trägt. Na wunderbar! Man versucht noch einigermaßen professionell aus der ganzen Situation zu kommen, indem man milde lächelnd versucht über das ganze Geschrei im Hintergrund zu erklären, dass es einen Notfall gab und knallt dann den Laptop zu.
Situationen wie diese kennt ihr möglicherweise, wenn ihr mit momentan mit euren Kindern von Zuhause aus im Homeoffice arbeiten müsst. Berufstätige Eltern vor allem noch kleiner Kinder müssen derzeit einen nahezu unmöglichen Spagat leisten. Insbesondere diejenigen, die keinem der sogenannten “systemrelevanten” Berufe nachgehen, sind davon betroffen. Doch was zum Henker ist “systemrelevant”?
Systemrelevant!
Neben Berufen im Gesundheitswesen (besonders Krankenhäuser), in der Pflege oder im Einzelhandel, gibt es noch eine ganze Reihe “systemrelevanter” Jobs. Darunter fallen beispielsweise Berufe im öffentlichen Personennah- und Personenfernverkehr, sowie Personal zur Aufrechterhaltung des Flug- und Schiffsverkehrs. Außerdem Post- und Bankangestellte, Berufstätige aus den Bereichen Telekommunikation und dem Nachrichtenwesen. Arbeitnehmer für notwendige Betreuung in Schulen, Kindertageseinrichtungen, stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung. Außerdem Berufe in der öffentlichen Verwaltung und Justiz, wie zum Beispiel: Polizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz oder Justizvollzug.
Pech gehabt? Ein Großteil der oben nicht aufgelisteten Berufe ist nicht “systemrelevant”. Diese Menschen müssen somit nicht nur auf ihre Kinderbetreuung verzichten, sondern in vielen Fällen auch noch zeitgleich im Homeoffice von Zuhause aus arbeiten. Also gleich doppelt verloren! Leicht trifft es mit dieser Regelung auch Alleinerziehende, die nun gänzlich ohne Support sind. Ganz fair ist diese Lösung eben auch nicht.
Mal ehrlich! Wer vermag schon, eine Grenze zwischen “systemrelevant” und “nicht relevant” zu ziehen, die dann auch noch fair sein soll? Und by the way: Sind Künstler, Musiker und Kabarettisten nicht ebenfalls “systemrelevant”? Für mich sind sie es jedenfalls gerade in Zeiten wie diesen!
Mit Kindern im Homeoffice
Man kann es nicht schön reden. Hier jedoch ein paar Tipps, die euch das Arbeiten mit Kindern im Homeoffice zumindest etwas erleichtern:
Aufgaben delegieren
Gebt euren Kindern Aufgaben, damit ihnen nicht langweilig wird und damit sie das Gefühl haben etwas sinnvolles zu machen und eine wichtige Rolle zu spielen. Das ist besonders wichtig, damit sie nicht aus lauter Langeweile auf dumme Gedanken kommen.
Feste Routinen & Tagesstruktur
Ihr könntet euch eine bestimmte Tagesstruktur überlegen und die Kinder darin fest mit integrieren, indem sie bestimmte Aufgaben innerhalb eines Tages erledigen. Das bringt Routine rein und so wissen eure Kinder genau, wann sie was zu tun haben. Beispielsweise hilft ein Kind immer beim Frühstück machen, das andere beim Abendessen.
Ein Programm gestalten
Außerdem könntet ihr euch gemeinsam ein zeitfüllendes Programm überlegen, das die Kinder natürlich je nach Alter auch selbst gestalten oder zumindest mitgestalten können:
Gebt ihnen ein paar Kategorien, wie zum Beispiel Sport, etwas Kreatives, oder Zuhause helfen vor, die sie dann mit Ideen füllen können: Tanzen, Malen, eine Höhle bauen, und und und. Auch Medien wie Lern- und Hörspiele können in vernünftiger Dosis in den Tagesplan eingebaut werden. Beachtet dabei aber die Empfehlungen zur Höchstdauer der Mediennutzung von Kindern. Für 3- bis 6-Jährige empfielt die BZgA maximal 30 Minuten Bildschirmmedien am Tag. Und auch für Hörspiele gibt es eine Empfehlung von maximal 45 Minuten.
Es ist momentan zwar eine schwierige Zeit mit vielen Herausforderungen, aber sicher keine Mission Impossible! Klar sollte nur sein, welchen Ansprüchen man gerecht werden muss und möchte. Eltern müssen jetzt keinen Kita-Erzieher oder Lehrer vollwertig ersetzen. Die Kinder lernen auch durch den Alltag jede Menge für’s Leben.
Und nun einfach mal tief durchatmen, dem Tag ein bisschen Routine geben und manche Situationen einfach mit Humor nehmen. So schafft ihr es, aus dieser besonderen Situation das Beste zu machen und gemeinsam als Familie gestärkt aus dieser komplizierten Zeit zu gehen.
Dieser Beitrag nimmt an der #CoronaGeschichten Blogparade „Storytelling in Zeiten von Corona“ von Petra Winkler (Autorin des Buches „Storytelling für Dummies“) teil.
Eure Ansprechperson in der Windelprinz Redaktion ist Stefanie. Die dreifache Mami gründete in 2017 das Onlinemagazin Windelprinz.
Ich spreche mich dafür aus, dass es sehr wohl eine „Mission impossible“ ist. Wenn man wie hier 8:30 Uhr mit arbeiten beginnt und eine Stunde Mittagspause hinzuzählt, ist erst 17:30 Uhr Feierabend (bei einem normalen 8 Stunden Tag). Da man zwischendurch gestört wird, zieht sich das eher noch mehr in die Länge … Das mag mal einen Tag gehen, aber die Nerven liegen dann auch blank und für die Kinder ist so ein Tag auch ziemlich scheiße :-/ Und das wochenlang?! Ich finde die aktuelle Situation extrem belastend – für Eltern noch für Kinder.
Liebe Nadine! Hab vielen Dank für deinen super offenen und authentischen Beitrag. 🖤 Du sprichst damit ohne Zweifel tausenden Familien von der Seele!
Ich glaube, dass momentan sehr viele Eltern weit über ihre Belastungsgrenze hinausgehen. Zeitlich begrenzt auf ein paar wenige Tage ist eine solche Situation schon mal zu überbrücken. Aber wochenlang und ohne konkretes Ende in Sicht!? – Ich stimme dir da aus eigener Erfahrung zu: Es kann zur echten Belastungsprobe werden. Wie gesagt: Man kann es sich eben nicht schön reden…
Auch ich erlebe mit drei Klein-/Vorschulkindern zuhause gerade täglich, wie schwierig der Spagat ist, den Anforderungen an verschiedenen Fronten gerecht zu werden. Das sind gleich mehrere Vollzeitjobs! Ohne eine gewisse Portion (Galgen-)Humor wäre die Situation sicher schwieriger zu ertragen…
Dabei muss ich noch “froh” sein, dass das Thema “Homeschooling” hier noch keine Relevanz hat. Grundsätzlich halte ich es aber auch für zwingend klärungswürdig, dass Eltern in dieser Zeit nicht die Verantwortung und Bürde tragen dürfen, den Unterrichtsausfall zu kompensieren…
Bleib stark! 😘
LG Stefanie | windelprinz.de